
Das Problem der DC-Vorspannungscharakteristik (DC-bias) von Keramikkondensatoren
Paul-Martin Kamprath | Leitung Marketing | pk components GmbH
Es gibt zwei Arten von Keramikkondensatoren: Den Typ mit hoher Dielektrizitätskonstante (Class 2) und den Typ mit Temperaturkompensation (Class 1).
Keramik | Typ | Referenztemperatur | Temperaturbereich | Kapazitätsänderung über Temperaturbereich | Gängige Toleranz der Kapazität |
---|---|---|---|---|---|
C0G | temperaturkompensiert (Class 1) | 25°C | -55 bis 125°C | 0±30ppm/°C | 5% |
U2J | temperaturkompensiert (Class 1) | 25°C | -55 bis 125°C | -750±120ppm/°C | 5% |
X5R | hohe Dielektrizitätskonstante (Class 2) | 25°C | -55 bis 85°C | ±15% | 10% |
X7R | hohe Dielektrizitätskonstante (Class 2) | 25°C | -55 bis 125°C | ±15% | 10% |
X6S | hohe Dielektrizitätskonstante (Class 2) | 25°C | -55 bis 105°C | ±22% | 10% |
X7T | hohe Dielektrizitätskonstante (Class 2) | 25°C | -55 bis 125°C | +22% -33% | 10% |
X6T | hohe Dielektrizitätskonstante (Class 2) | 25°C | -55 bis 105°C | +22% -33% | 10% |
X5S | hohe Dielektrizitätskonstante (Class 2) | 25°C | -55 bis 85°C | ±22% | 10% |
X7S | hohe Dielektrizitätskonstante (Class 2) | 25°C | -55 bis 125°C | ±22% | 10% |
X8G | temperaturkompensiert (Class 1) | 25°C | -55 bis 125°C | 0±30ppm/°C | 10% |
B | hohe Dielektrizitätskonstante (Class 2) | 20°C | -55 bis 85°C | ±10% | 10% |
Wichtige Keramiken als Dielektrikum in Keramikkondensatoren und deren Eigenschaften
Die Kapazität ist, neben der Spannungsfestigkeit, der wichtigste Parameter eines Kondensators. Sie beschreibt die Fähigkeit elektrische Energie zu speichern. Die Maßeinheit der Kapazität ist das Farad (F).
Die Kapazität der Keramikkondensatoren mit hoher Dielektrizitätskonstante (z.B. XR5, X6S, X7R) sinkt sobald eine Gleichspannung angelegt wird (DC-Vorspannungscharakteristik, DC-bias). Kondensatoren vom Typ Temperaturkompensation (z.B. C0G) haben keine DC-Vorspannungscharakteristik. Dort tritt dieser Effekt nicht auf.
In den Datenblättern und Produktbeschreibungen wird die Kapazität oft auch als Nennwert beschrieben (nominal value, rated capacitance, o.ä). Der Nennwert der Kapazität wird in der Regel mit einer Spannung von ca. 0,5V bis 1V ermittelt. Mit der Anlage dieser geringen Mess-Spannung tritt eine Verminderung der Kapazität durch die DC-Vorspannungscharakteristik noch nicht zu Tage.
Also: Keramikkondensatoren des Typs mit hoher Dielektrizitätskonstante (Class 2) haben die Eigenschaft beim Anlegen von Gleichspannung in der Kapazität zu degradieren. So ist bei Anlage der Nennspannung nur noch ca. 50-60%, oder noch weniger, der ursprünglichen Kapazität vorhanden. Und: Das Derating der Kapazität ist auch abhängig von der Baugröße. Im Allgemeinen gilt auch: Je kleiner die Bauform, desto schlechter die DC-Vorspannungscharakteristik. Je nach technischer Anforderung kann es erforderlich sein, eine größere Bauform verwenden zu müssen.
Das folgende Diagramm zeigt in der horizontale Achse die an den Kondensator angelegte Gleichspannung (V) und die vertikale Achse die relative Kapazitätsänderung im Vergleich zum Anfangswert.

Verdeutlichung der DC-Vorspannungscharakteristik am Beispiel eines Keramikkondensatoren mit hoher Dielektrizitätskonstante und Nennspannung 6,3V (Quelle: Murata)
Mit der Einführung der S/T-Keramiken (z.B. X6S/X7S/X7T ) wurde die DC-Vorspannungscharakteristik optimiert. Diese Keramiken sind in den vergangenen Jahren eine beliebte Alternative zu den klassischen R-Keramiken geworden (z.B. X5R/X7R). Bei den S/T Keramiken liegt die Restkapazität bei Anlage der Nennspannung um ca. bis zu 25% über der Restkapazität einer R-Keramik. Der Verwender muss dafür ein etwas schlechteres Verhalten der Kapazitätsänderung über die Temperatur (±22% bzw +22%/-33%, R-Keramiken ±15%) in Kauf nehmen.
Keramikkondensatoren des Typs mit hoher Dielektrizitätskonstante werden im Allgemeinen für die Glättung und Pufferung in Applikationen der Stromversorgung eingesetzt. Es kann sich somit lohnen das genaue Verhalten der DC-Vorspannungscharakteristik (Derating, DC-bias) zu erfragen, um genau den Materialeinsatz bestimmen zu können. Je besser die DC-Vorspannungscharakteristik, um so geringer ist die benötigte Anfangskapazität. Tatsächlich ist die DC-Vorspannungscharakteristik nicht bei jedem Hersteller gleich. Da die DC-Vorspannungscharakteristik in keinem Datenblatt Eingang findet, ist sie ein verstecktes Qualitätsmerkmal.
Das Phänomen der DC-Vorspannungscharakteristik ist dem Einsatz von Keramiken mit ferroelektrischen Eigenschaften geschuldet, die als Basis weit verbreitet Bariumtitanat (BaTiO3) verwenden. Die Anlage eines elektrischen Feldes bewirkt eine Verminderung der relativen Permittivtiät εr dieser Keramiken . Die relative Permittivtiät hat linearen Einfluss auf die Kapazität eines Kondensators und bildet in Multiplikation mit der Permittivtiät ε0 des Vakuums die Permittivität (Dielektrizitätskonstante) des Materials. In Class 1 Keramikkondensatoren werden Keramiken mit paraelektrischen Eigenschaften verwendet, deren Permittivität von der elektrischen Feldstärke unabhängig ist.