Grundlagen der Signalintegrität bei Datensignalen
Jens Wülfing | Field Application Engineer | Samtec Europe GmbH
Paul-Martin Kamprath | Leitung Marketing | pk components GmbH
Die Signalintegrität ist ein entscheidender Faktor, wenn digitale Signale über Leiterbahnen und Verbindungskomponenten zu ihrem nächsten Ort der Weiterverarbeitung gelangen. Aber was genau bedeutet dieser Begriff? Signalintegrität bezieht sich darauf, wie gut ein Signal seine ursprüngliche Form und Qualität während der Übertragung behält. Im Verlauf der Signalübertragung können verschiedene Einflüsse auftreten, die das Signal verfälschen und von seiner ursprünglichen Form abweichen lassen. Ab einem bestimmten Punkt kann das Signal so stark verfälscht sein, dass der Empfänger es nicht mehr korrekt interpretieren kann. Diese Einflüsse können unterschiedlicher Natur sein und sind oft im Bereich der Anpassung, elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) und des Übersprechens anzutreffen. Besonders bei höheren Taktfrequenzen wird die Herausforderung, die Signalintegrität aufrechtzuerhalten, größer, da die störenden Einflüsse im Verhältnis zum Nutzsignal zunehmen.
Der Übertragungskanal
Sprechen wir über einen Highspeed-Übertragungskanal ist es sinnvoll, den gesamten Signalpfad zu betrachten. Dieser Pfad umfasst alle Komponenten, die das Signal durchläuft, einschließlich der Leiterbahnen, Verbindungselemente und Komponenten.
Blockdiagramm Highspeed-Übertragungskanal
Ein Sender, beispielsweise ein ASIC, ist über ein Gehäuse und Lötverbindungen mit einer Leiterplatte verbunden. Die Signale werden über die Leiterbahnen in den Anschlussbereich (BOR, Break Out Region) des Steckverbinders geführt. Von dort aus gelangen sie über die Pins des Steckverbinders weiter. Anschließend durchläuft das Signal über Kontakte den gegenüberliegenden Steckverbinder und passiert in umgekehrter Reihenfolge die verschiedenen Komponenten bis zum Empfänger.
Alle Teilbereiche können die Signalintegrität beeinflussen. Nur durch eine ganzheitliche Betrachtung können wir sicherstellen, dass die Signalintegrität gewahrt bleibt und die Daten zuverlässig übertragen werden.
Das digitale Signal
Betrachtet wird im Beispiel ein ideales Signal, das bei einem bestimmten Spannungsniveau dem „Bit 0“ entspricht. Innerhalb einer festgelegten Zeit (Δt) steigt der Spannungswert auf ein höheres Niveau, was dem „Bit 1“ entspricht. In diesem Fall handelt es sich um eine „Non-Return-to-Zero“-Kodierung (NRZ).
Durch verschiedene Einflüsse des Übertragungskanals und der verbauten Bauelemente erhält das Signal eine andere Form, die oft als „noisy signal“ bezeichnet wird. Dieses Signal entspricht nicht mehr dem idealen Signal. Die Anstiegszeit Δt hängt dabei von der Nutzfrequenz (Taktfrequenz) ab. In unserem Beispiel ist die Nutzfrequenz der Kehrwert der doppelten Pulsbreite.
Ideales Signal zu einem verrauschten Signal
Letztendlich geht es darum, das Signal möglichst an seinen idealen Verlauf zu halten. Andernfalls können auf der Empfängerseite Bitfehler auftreten, insbesondere bei zu großen Abweichungen. Bei höherwertigen Modulationen wie PAM4 mit 4 Spannungsniveaus sind die Abstände der Signalamplituden noch geringer. Dies äußert sich in einer noch höheren Empfindlichkeit gegenüber Störeinflüssen.
Die Signalkomponenten
Die Anstiegszeit (Risetime) wird in der Regel zwischen 10% und 90% der Signalamplitude definiert, gelegentlich auch zwischen 20% und 80%. Der sogenannte „Overshoot“ und „Undershoot“ entstehen beispielsweise durch die parasitären Eigenschaften der Schalttransistoren bzw. durch deren Umladegeschwindigkeiten. Diese dürfen nicht zu hoch sein, um den Empfänger nicht zu überlasten. Andererseits sind diese Über- oder Unterschwinger hilfreich, um die Spannungsniveaus schneller zu erreichen. Die Pulsbreite entspricht der doppelten Taktfrequenz. Unter bestimmten Umständen kann die Amplitude nicht über die gesamte Länge der Pulsbreite aufrechterhalten werden (sogenannter „Drop“).
Repräsentative Pulsform mit Bezeichnungen
Degradierung der Anstiegszeit
Wie oben gezeigt habe haben digitale Signale eine bestimmte Anstiegszeit tr. Je nach verwendeter Technologie hat diese einen bestimmten Wert:
Technologie | Anstiegs-/Abfallzeit tr | Äquivalente Bandbreite B |
---|---|---|
Original CMOS | 60 ns | 6 MHz |
TTL, HCMOS | 11 ns | 32 MHz |
FCT | 1 ns | 350 MHz |
3,3V CMOS | 500 ps | 700 MHz |
65nm CMOS | 300 ps | 1050 MHz |
32nm CMOS | 100 ps | 3,5 GHz |
10 Gbps | 25 ps | 14 GHz |
28 Gbps | 8 ps | 44 GHz |
Die äquivalente Bandbreite lässt sich mit der Formel
B=0,35 / tr
errechnen, die benötigt wird, um die Anstiegszeit zu erhalten. Mit den Impedanzen und kapazitiven Lastanteilen, die sich über den Übertragungskanal addieren, verringert sich die Bandbreite, was sich in einer Degradierung der Anstiegszeit äußert. Der Empfänger kann eine bestimmte Degradierung der Anstiegszeit für eine korrekte Detektion noch tolerieren. Ansonsten wird das Signal zu stark verfälscht. Prinzipiell ist es immer hilfreich die Leitungslängen so kurz wie möglich zu halten, um die Impedanzen klein zu halten.
Degradierung der Anstiegszeit tr, im Beispiel 37ps auf 116ps (=309%)