Datenübertragung mit klassischer Leiterplattenanschlusstechnik - Grundlagen der Datenübertragung mit Leiterplattenklemmen
Netzwerkkabel verstehen: Kategorien, Aufbau und Unterschiede
Netzwerkkabel sind das Rückgrat jeder Datenverbindung – und in industriellen Anwendungen besonders gefordert. Hohe Übertragungsgeschwindigkeiten, elektromagnetische Störungen, mechanische Beanspruchung und enge Bauräume machen die Auswahl und Verarbeitung des passenden Kabeltyps zur technischen Herausforderung. Drei grundlegende Kabeltypen sind heute im industriellen Umfeld verbreitet:
- Vierpaarige Datenkabel (z. B. CAT 5e, CAT 6, CAT 6A): Sie bestehen aus acht Einzelleitern, verdrillt in vier Datenpaare. Sie ermöglichen hohe Übertragungsraten – von 1 GBit/s bis zu 10 GBit/s, abhängig von der Kategorie. Eingesetzt werden sie insbesondere im Schaltschrank- und Bürobereich, wo lange Strecken und hohe Bandbreiten gefragt sind.
- Zweipaarige Datenkabel (z. B. klassisches CAT 5 Industrie-Ethernet-Kabel): Reduziert auf vier Leiter und zwei verdrillte Datenpaare, sind sie kostengünstiger und robuster. In der Industrie sind sie häufig für 100 MBit/s-Anwendungen im Einsatz, z. B. für PROFINET oder EtherCAT.
- Einpaarige Datenkabel (Single Pair Ethernet, SPE) Die neueste Entwicklung, speziell für kompakte Sensorik und Feldgeräte: Nur zwei Adern (ein Datenpaar) reichen für Datenraten von 10 MBit/s bis 1 GBit/s – bei gleichzeitig reduziertem Platzbedarf und Gewicht. Je nach Kategorie (z. B. CAT A oder CAT B) sind Übertragungsdistanzen von bis zu 1000 m bei 10 MBit/s möglich.

Die unterschiedlichen Typen Netzwerkkabel mit Übertragungsraten und Kategorien
Verdrillung der Paare (Twisted Pair) und Schirmung gegen externe Störeinflüsse sind zentrale Faktoren für die Signalqualität. Die Schirmung (Folie, Geflecht oder beides) reduziert elektromagnetische Störungen (EMI) und schützt vor Übersprechen zwischen benachbarten Leitungen. Die Verdrillung minimiert die Schlaufenfläche und damit die Induktivität der Aderpaare – ein wichtiger Punkt für störungsfreie Differenzsignalübertragung.
Entscheidend für die Eignung eines Kabels für die Übertragung über eine Leiterplattenklemme ist die Impedanzanpassung: Die meisten industriellen Datenkabel sind auf eine Impedanz von 100 Ohm ±15 % ausgelegt – und genau diesen Wert sollte auch die gesamte Verbindung (inkl. Klemme!) möglichst konstant einhalten.
Return Loss, Insertion Loss und Impedanz – zentrale physikalische Grundlagen
Der bloße Anschluss eines Datenkabels an eine Leiterplattenklemme bedeutet noch lange keine funktionierende Datenverbindung. Vielmehr müssen die elektrischen Eigenschaften des Übergangs bewertet werden – und das geschieht über eine Reihe standardisierter Messgrößen:
- Return Loss (RL): Misst, wie viel Signal durch Impedanzabweichungen im System reflektiert wird. Je höher der RL-Wert in dB, desto geringer ist der Reflexionsanteil – und desto besser die Signalintegrität.
- Insertion Loss (IL): Gibt an, wie viel Signalenergie durch die Verbindung „verloren“ geht – z. B. durch Dämpfung, Streuung oder Materialübergänge. Ein niedriger IL-Wert ist wünschenswert.
- NEXT – Near-End Crosstalk beschreibt das Nebensprechen am nahen Ende der Verbindung – also die ungewollte Signalübertragung von einem aktiven Aderpaar auf ein benachbartes Paar am gleichen Ende des Kabels. Typisch ist dies z. B. bei einem 4- oder 8-poligen Anschluss, dort entsteht dann ein Störsignal, das vom Empfänger nicht mehr eindeutig vom Nutzsignal zu unterscheiden ist
- FEXT – Far-End Crosstalk beschreibt das Nebensprechen am fernen Ende – also am Ende der Leitung, an dem sich der Empfänger befindet. Auch hier entsteht das Störsignal durch Kopplung zwischen benachbarten Aderpaaren, allerdings nicht am Sendepunkt, sondern entlang der Übertragungsstrecke.
- TDR-Messung (Time Domain Reflectometry): Eine Methode zur Visualisierung der Impedanz entlang des Übertragungspfads. Typischerweise erkennt man hier die Effekte durch Abmantelung, Klemmengeometrie oder Schirmunterbrechungen.
Siehe auch hierzu: Grundlagen der Signalintegrität bei Datensignalen

Wege und Einflüsse der Verluste
Wichtig zu verstehen: Auch standardisierte Steckverbinder wie RJ45 oder M12 verursachen Impedanzabweichungen, die zu Verlusten wie Return Loss führen – das ist normal. Entscheidend ist, wie stark diese Abweichungen sind und ob sie innerhalb der zulässigen Grenzkurven bleiben. Diese Grenzwerte sind je nach Kategorie (z. B. CAT 5, CAT 6A, CAT B bei SPE) unterschiedlich streng definiert – und stellen die Grundlage für die Bewertung der Datenfähigkeit dar.
Die Wahl der Testkategorie (z. B. CAT 5 für 100 MHz oder CAT B für 600 MHz) hängt von der geplanten Anwendung ab. Je höher die Frequenz und je strenger die Norm, desto kritischer werden auch kleine Impedanzsprünge – wie sie typischerweise durch lange Abmantelungen oder fehlende Schirmauflagen entstehen.

TDR-Messung (Time Domain Reflectometry) ohne Klemme

TDR-Messung (Time Domain Reflectometry) mit Klemme
Leiterplattenklemmen als Datenanschlüsse – mehr als ein mechanischer Übergabepunkt Angesichts der elektrischen Anforderungen stellt sich unweigerlich die Frage: Kann eine klassische Leiterplattenklemme überhaupt Ethernet? Die Antwort ist differenziert: Ja – aber nicht jede, und nicht beliebig.
- Leiterplattenklemmen bieten in vielen Fällen mechanische Vorteile gegenüber Steckverbindern:
- Sie sind kompakter, besonders bei hoher Polzahl.
- Sie sind vibrationsfest, etwa durch Schraub- oder Federanschluss.
- Sie sind kosteneffizient, insbesondere bei festen Verbindungen.
- Und sie lassen sich einfach und direkt auf die Platine setzen, ohne zusätzliche Buchsen.
Aber: Sie sind ursprünglich nicht für hochfrequente Datenübertragung entwickelt worden. Das bedeutet, dass viele Modelle nicht automatisch für Ethernet oder SPE geeignet sind. Entscheidend ist der Aufbau im Detail:
- Wie groß ist der Pitch (Polabstand)?
- Wie ist das Innenleben metallisch aufgebaut?
- Gibt es eine Möglichkeit zur Schirmauflage?
- Und wie lässt sich die Abmantellänge kurz halten?
Nur wenn all diese Parameter im Einklang mit den Übertragungsanforderungen stehen, kann eine Klemme als „datenfähig“ gelten – entweder durch Simulation und Validierung oder durch den gezielten Einsatz von zertifizierten Modellen. Viele Anbieter – etwa Phoenix Contact – bieten hierfür bereits getestete Varianten an, bei denen Return- und Insertion-Loss-Werte unter Einhaltung normativer Grenzkurven belegt wurden. Die Erkenntnis: Leiterplattenklemmen können mehr als Strom und Signal – sie können auch Daten. Aber nur, wenn man ihre elektrischen Eigenschaften aktiv berücksichtigt.